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Die junge Käserin

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Nach einer Wanderung in den Voralpen haben wir uns auf die schattige Bank vor der Bergwirtschaft gesetzt. Um uns herum friedliches Glockengeläut der weidenden Kühe und Rinder. Eine freundliche junge Frau fragt nach unseren Wünschen. Bald steht das Gewünschte auf dem Tisch. Die Wirtin setzt sich zu uns und beginnt zu erzählen: Nach 25 Jahren Pacht hätten sie vor drei Jahren diesen Bergbauernbetrieb mit Wirtschaft kaufen können, 50 ha seien es mit dem Wald. Der gute Holzpreis erlaube ihnen, das 1000 m2 grosse Dach neu zu decken.

Auf den eigenen Käse auf der Speisekarte angesprochen, erzählt die Wirtin, wie sie letzten Herbst eine Serviertochter gesucht habe. Es hätten sich verschiedene junge Frauen gemeldet. Eine habe ihren Hund mitbringen wollen, eine zweite ihr Kind. Doch die Abgeschiedenheit des Betriebes mache es schwierig, ein Kind allein zur Schule zu schicken. Sie sei recht unschlüssig gewesen, da habe sich noch jemand auf ihr Inserat gemeldet. Allerdings habe auch diese Frau eine Bedingung gestellt: Sie wolle ihre zwei Kühe mitnehmen. Das habe sie seltsam angemutet. Genau diese habe sie dann aber angestellt. Es sei eine gelernte Betriebshelferin, die einige Jahre sommers über auf der Alp gewesen sei. Zuletzt habe sie eine Alpgenossenschaft mit hundert Kühen selbständig geführt. Der Käse, den sie aus der täglichen Milch hergestellt habe, sei mit einem Preis für die gute Qualität ausgezeichnet worden. Den Winter durch habe sie nun hier gearbeitet, und man sei sehr zufrieden mit ihr gewesen. 

Im Frühling aber habe es die junge Frau wieder auf die Alp gezogen. Man habe miteinander geredet und sich schliesslich geeinigt. Um sie hier halten zu können – man sei ja auch beinahe auf der Alp – habe man ihr eine kleine Käserei eingerichtet, wo sie selber käsen könne. 

Die junge Käserin steht nun jeden Morgen um 6 Uhr im Stall und melkt ihre zwei Kühe. Deren Milch verarbeitet sie jeden zweiten Tag in einem glänzenden Kupferkessel zu kleinen Käselaiben, die sie täglich mehrmals kehrt und einreibt bis sie zum Verkauf reif sind. Diese Arbeit verrichtet sie auf eigene Rechnung. In der übrigen Zeit arbeitet sie in der Gastwirtschaft als Angestellte.

 Als die junge Frau uns ihre blitzsaubere kleine Käserei zeigt, ist ihre Begeisterung unüberhörbar. Sie erklärt uns die verschiedenen Essenzen, mit denen die Käse eingerieben werden und bietet kleine „Versucherli“ an. „Eine so tüchtige junge Frau sollte doch einem eigenen Bauernhof vorstehen…“. Bedauernd erzählt sie, ihre Eltern besässen zwar einen Hof im Bernbiet, doch der sei für den jüngeren Bruder vorgesehen, so wolle es die Tradition. – Draussen vor dem Tenntor steht der Sohn der Besitzerfamilie. Wir werden den Berggasthof nächstes Jahr wieder aufsuchen.

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