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Integrative Förderung – ein Irrweg

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Aus ideologischen Gründen will man alle Schüler ungeachtet ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse unbedingt in der einen gleichen Klasse unterrichten. Es darf keine Kleinklassen, keine Sonderklassen für Verhaltensauffällige oder für Schüler mit Lernschwierigkeiten mehr geben, obwohl diese dort gezielt und ausschliesslich von speziell ausgebildeten Fachpersonen gefördert würden. Alle Schüler sollen in die „Regelklasse“ integriert werden. Deshalb müssen die Sonderpädagogen für die Schwächeren stundenweise ins allgemeine Schulzimmer kommen.

Gewolltes Durcheinander

So werden unsere Schüler von verschiedenen Lehrkräften gleichzeitig im gleichen Schulzimmer unterrichtet! Im sogenannten „integrativen“ Unterricht unterrichtet während einer Lektion die verantwortliche Lehrkraft – sei das eine der Klassenlehrerinnen oder eine Fachlehrerin, die z. B. französisch oder englisch gibt -, während sich daneben gleichzeitig eine Logopädin um die Legastheniker, eine Heilpädagogin um das psychisch angeschlagene und eine Lernhilfe um das schwach begabte Kind kümmern. Team-teaching nennt sich das. Wer wundert sich hier noch über die oft gehörte Klage, die Kinder würden nicht mehr zuhören, ihre Konzentration lasse zu wünschen übrig?

Die Zürcher Erziehungsdirektorin musste den Medien eingestehen, dass ihr Sonderpädagogik-Konzept nicht umgesetzt werden könne und deshalb der vorgeschriebene Anteil „Team-teaching“ von Förderlehrern und Klassenlehrern im Klassenzimmer gesenkt werde. Von einer „Verlangsamung des Tempos“ bei der Durchsetzung ist die Rede. Richtiger wäre, sich die Sache grundsätzlich zu überlegen:

Wo liegt die Misère?

Wie ist es eigentlich zu dieser ganzen Misère gekommen? Wie in vielen anderen Gebieten hat man sich von Ideologien statt von der Realität leiten lassen. Der Hauptirrtum besteht im Leitsatz: „Alle Menschen sind gleich.“ Das entspricht nicht der Realität. Aber der Grundsatz: „Alle Menschen sind gleichwertig“ sollte ernstgenommen werden, auch in der Schule! Wenn wir jeden Menschen mit den ihm eigenen Fähigkeiten und Sonderbegabungen achten, fördern wir ihn am besten, indem wir darauf Rücksicht nehmen und ihn so schulen, wie es ihm entspricht. Notfalls auch in Sonderklassen oder speziellen Schulen, wo ihm sein „Anderssein“ nicht immer wieder demütigend vor Augen geführt wird, wie das heute innerhalb seiner Regelklasse der Fall ist, wo er eine Sonderbetreuung braucht. Ohne diesen verwirrenden Betrieb der „integrativen Förderung“ könnten auch unsere „normalen“ Schüler sich besser konzentrieren, mehr gefördert und vertiefter unterrichtet werden.

Was ist zu tun?

Die Erziehungsdirektoren sollten die Grösse haben, einzusehen, dass sie sich im Grundsatz getäuscht haben. Ihr Modell überfordert die Lehrer und führt dazu, dass viele aus ihrem Beruf aussteigen, was zu akutem Lehrermangel führt. Die „integrative Schulreform“ hat versagt. Sie vernachlässigt die normal begabten Schüler, die vermehrt Mühe haben, sich zu konzentrieren; ihr Schulerfolg wird verkleinert, weil sich das Lernniveau selbstverständlich den Schwächeren anpasst. Dem Selbstvertrauen sonderbegabter Schüler schadet das integrative System immens, da ihnen täglich vor Augen geführt wird, dass sie schwächer als die anderen sind, dass sie eine Sonderbehandlung brauchen, dass sie eine spezielle Lehrkraft zusätzlich benötigen. Die wenigen Stunden, in denen ihnen eine Heilpädagogin zur Seite steht, ersetzen den gezielten Unterricht in Kleinklassen mit anderen Sonderbegabten in keiner Art und Weise.

Möglich wäre, intellektuell überforderte Kinder in den normalen Musik-, Turn-, Schwimm-, Handarbeitsunterricht zu integrieren. Solche individuell angepasste Integrationen sollten im Ermessen von Lehrern und Eltern möglich sein.

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