Rubrik: Alle / Erziehung und Familie /

Erziehung in der Familie

 Drucken Empfehlen Empfehlen

Wird heute von Familie gesprochen, versteht man darunter mindestens ein Elternteil und ein Kind. Aufgabe der Familie ist, das Kind so zu betreuen, dass es unversehrt das Erwachsenenalter erreichen und sich in der Selbständigkeit bewähren kann. Dieses Anleiten und Begleiten wird als „Erziehung“ beschrieben. Ziel der Erziehung ist also, das Kind gemäss seinen Anlagen und seinem Alter in seinen geistigen, emotionalen, gesellschaftlichen und handwerklichen Fähigkeiten so zu fördern und auszubilden, dass es das Erwachsenenalter heil erreicht und das Leben selbständig in Verantwortung gegenüber Mitmenschen und Umwelt meistern kann. Hat man sich dieses Ziel verinnerlicht, wird es einfacher, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Es hilft, in schwierigen Familien- oder Schulsituationen die richtige, kindgerechte Entscheidung zu fällen und übertriebene Ansprüche, die von aussen an die Erziehenden und ihre Kinder gestellt werden, abzuweisen.

Das Hinführen des Kindes von der totalen Abhängigkeit zum selbstbewussten verantwortungsvollen Meistern des eigenen Lebens ist eine Aufgabe, die Eltern mit seiner Geburt übernehmen und die sie jahrelang nicht mehr loslässt. Unabdingbar ist dafür die Verständigung zwischen Erziehenden und Kindern. Damit ist nicht nur die Sprache gemeint. Dieses Sich-Verstehen beginnt schon viel früher mit Hunger- und Durststillen, mit Vertrauen- und Wärmegeben, mit Zärtlichkeit und Liebe, mit Dasein, Hinhören und Mitfühlen. Und bereits in diesem frühen Miteinander beginnt unbewusst eine Wertevermittlung. Schon in den ersten Lebenswochen melden sich elementare Ansprüche aller Beteiligten: Hunger, Durst, Schmerzen, Schlafen, Mitmenschen, Umwelt, Ruhe, Bewegung…. Und ebenso bald tauchen gegensätzliche Bedürfnisse auf. In diesem Spannungsfeld eigener und fremder Wünsche zwischen Fordern und Verzichten, zwischen Beharren und Nachgeben, findet die ganze jahrelange Erziehungsarbeit statt. Wichtig ist, dies zu akzeptieren, damit der Wirklichkeit gemäss auf die verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse eingegangen werden.

Leider hat man sich seit Mitte des 20. Jahrhundert von der irren Idee leiten lassen, das Kind sei an sich gut. Seinem Wollen und Fordern sei immer nachzugeben, und es müsse sich frei ohne Regeln und Einschränkungen entfalten können. Diese Ideologie hat zu einer eigentlichen Erziehungsverweigerung der Eltern geführt, deren Folgen wir heute täglich erleben können.

Ist das eigene Wollen, das Lustprinzip, zur Lebensmaxime geworden, gilt die Erfüllung der eigenen Wünsche als oberstes Ziel. Rücksicht auf Bedürfnisse anderer Menschen oder auf gewisse Realitäten wird dabei nicht genommen. Diese Rücksichtslosigkeit und mangelnde Anpassungsfähigkeit ist heute bei vielen Kindern und Jugendlichen im Umgang mit anderen Menschen zu sehen, im Strassenverkehr auf Velos oder Rollbrettern, im achtlosen Umgang mit Abfall, in der Unfähigkeit, eine Berufslehre zu bestehen oder generell das Leben zu meistern. Allzu viele suchen in der Pubertät vor dieser Herausforderung Schutz im Nebel von Drogen und Alkohol oder verkriechen sich ins soziale Netz der Hilfsangebote. Andere suchen ihre Grenzen in der Kriminalität. Die schockierende Gewalt unter Jugendlichen ist eine Eskalation dieser „anerzogenen“ Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Menschen, gegenüber Tieren und  Pflanzen, gegenüber fremdem Eigentum, gegenüber der Natur, letztlich die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Leben.

Familien sind aufgerufen, ihre ureigenste Aufgabe, die Erziehung ihres Kindes, ernst zu nehmen. Erziehung ist spannend, anspruchsvoll, herausfordernd, überraschend, manchmal voller Sorgen und schlafloser Nächte, im Ganzen aber beglückend und erfüllend wie kaum eine andere Tätigkeit.

Signatur